Im Schatten der Linde
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Interpretation
Der wahre Mörder
Der Kriminalroman „Im Schatten der Linde“ vom Rechthaltner Autor David Bielmann, erschien im Jahr 2018. Er beschreibt in seinem Werk den Mord an Christina Aeby, welche über die Grenzen von Rechthalten hinaus für ihre Schönheit bekannt war. Das Buch lehrt den Leser, Menschen nicht oberflächlich zu bewerten oder schnell zu verurteilen. Bielmann geht auf die Unterdrückung der Frau in der damaligen Zeit ein, indem er Christina als wissbegierige und lesebegeisterte junge Frau darstellt. Auch die Kommentare, welche sie sich von zahlreichen Männern anhören muss, lassen den Leser auf die objektive Betrachtung der Frau aufmerksam werden. Die Ermordung der 21-Jährigen versetzt das ganze Dorf in Entsetzen und Trauer und trotz aller Bemühungen der Landjäger, gestaltet sich die Suche nach dem wahren Täter schwierig. Lange Zeit wird ihr Freund Peter Roschi verdächtigt, der ihren letzten Tag mit ihr auf dem Maimarkt verbracht hat, und als letzter mit ihr gesehen wurde. Er ist ein einfacher Bauernjunge und vielen ist er nicht gut genug, um der Mann an Christinas Seite zu sein. Im Verlauf der Ermittlungen wird ein zweiter Verdächtiger inhaftiert, der Peter Bächler. Nach langer Gefangenschaft im Jacquemart Turm, versucht dieser sich mit einer Falschaussage selbst zu retten. Als er jedoch Roschi beschuldigt und sich dabei selbst in Widersprüche verstrickt, wird er solange bearbeitet bis er die Tat gesteht. Nach seiner öffentlichen Hinrichtung, ist das Verlangen nach Gerechtigkeit der Menschen nicht vollständig befriedigt, obwohl sie alle so sehr auf die Aufklärung des Falls hingefiebert hatten. Ist es möglich, dass sie nicht befriedigt waren, weil schlussendlich doch der falsche Mann bestraft wurde?
Meiner Meinung nach gibt es während den Untersuchungen zum Mordfall immer wieder kleine Hinweise, die darauf schliessen lassen, dass letztendlich der Falsche bestraft wurde. Zum einen finde ich es sehr belastend für den Sigrist, dass er am Tag nach Christinas Tod eine Krankheit vortäuscht, und dass er ihr Lieblingsbuch "Hymnen an die Nacht", welches mit Blutspritzern übersät ist, mit einer Haarsträhne von ihr besitzt.(S.79/S.125) Er bezeichnet Christina als "Sünde in Gestalt einer Frau", was darauf hinweist, dass er trotz seiner Gefühle eine negative Einstellung zu ihr hatte. Sie war die erste Frau, die er geküsst hat und ihre Schönheit brachte ihn nachts oft um den Verstand.(S.104) Ausserdem finde ich die Tatsache, dass Peter Bächler erst nach sehr langer und nervenzerrender Inhaftierung den Peter Roschi beschuldigt, zeigt, dass es eine Verzweiflungstat war. Ob ihn nun die Angst vor den Konsequenzen für sein Handeln oder die Angst vor einer Strafe, die er gar nicht verdient hat antrieb, kann man nicht sagen. Jedoch bin ich mir sicher, dass er die Tat am Ende nur gestand, weil er sich vor der Folter, die ihm blühen würde wenn er es nicht tat, fürchtete.(Kapitel 50) Auch wenn er nicht gestanden hätte und weiter auf seine Unschuld schwörte, wäre er solange gequält worden, bis er es zugegeben hätte.(Kapitel 54) Die Nacht in der Landjäger Rotzetter komische, schändliche Klänge aus der Kirche hörte und durch einen Schlag taummelndauf den Friedhof befördert wurde, wo er durch den Aufschlag auf einem Grabstein ohnmächtig liegen blieb, war für mich ebenfalls ein Hinweis auf die Unschuld von Bächler und auf die Schuld des Sigrist.(S.163) Denn der Sigrist wollte seine Trauer in einem Gedicht verarbeiten jedoch schränkten ihn die Grenzen der Sprache zu sehr ein und vielleicht waren diese Klänge ein weiterer Versuch seinen Verlust zu verarbeiten.(S.155)
Zu guter letzt hat mich das Ende des Buches in meiner Theorie bestärkt. Sigrist Augustin ging nach der Hinrichtung nicht wie alle anderen nach Hause, sondern blieb und blickte auf den geräderten jungen Mann. Dabei empfand er rein gar nichts, was meiner Meinung nach ein weiteres Indiz für seine Schuld darstellt.(S.185) Zusammen mit den oben genannten Auffälligkeiten in seinem Verhalten und kleinen Hinweisen im Verlauf der Handlung, bin ich davon überzeugt, dass nicht Peter Bächler Christina ermordet hat, sondern der Sigrist. Wahrscheinlich konnte er es nicht verkraften, dass sie sich für Roschi entschieden hatte. Die Begegnung mit dem Liebespaar vor der Kirche muss ihn tief verletzt haben. Und so fing er sie vielleicht deshalb auf dem Heimweg ab und liess seiner Wut und Enttäuschung über ihre Zurückweisung freien Lauf.(Kapitel6)